27.06.2024 | Kanzleramts-Chef Schmidt als Gast – „Mitbestimmung echter Vorteil im globalen Wettbewerb“
Wolfsburg/Berlin – Der Chef des Bundeskanzleramts, Wolfgang Schmidt, hat als Gast bei einem Treffen des Volkswagen-Weltkonzernbetriebsrates die Bedeutung der Mitbestimmung hervorgehoben. „Ohne Mitbestimmung gäbe es viele Unternehmen heute nicht mehr: Betriebsräte und die Aufsichtsräte der Arbeitnehmerbank sorgen dafür, dass es Sicherheit im Wandel gibt“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei seinem Auftritt vor den Spitzenvertretern des globalen Mitbestimmungs-Gremiums in Wolfsburg. Dort hat sich derzeit der Europäische- und Weltkonzernbetriebsrat (E-/WKBR) für ein dreitägiges Treffen versammelt.
Schmidt betonte: „Ich freue mich sehr, heute bei Volkswagen mit den Kolleginnen und Kollegen des Weltkonzernbetriebsrats zu sprechen. Es ist beeindruckend zu sehen, wie Mitbestimmung bei VW gelebt wird. Ich halte Mitbestimmung für einen echten Vorteil im globalen Wettbewerb. Sowohl im Betrieb wie im Konzern. Denn einerseits wissen Betriebsräte genau, wo im Betrieb der Schuh drückt. Und andererseits haben sie immer die langfristigen Interessen des Unternehmens im Blick.“
Schwerpunkt in der Rede des Kanzleramts-Chefs waren die aktuellen industrie- und klimapolitischen Herausforderungen. Er sagte: „Dies sind Zeiten großen Wandels. Ein Beispiel: Wir haben uns als Land vorgenommen, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden. Das ist quasi übermorgen, uns bleiben nicht einmal 21 Jahre. Und das nach 200 oder 250 Jahren des Verbrennens von Kohle, Öl und Gas für die Fortbewegung, unsere Wärmeerzeugung und vor allem die industrielle Produktion. Wir wollen und müssen diese fundamentale Veränderung gut hinbekommen, ein wettbewerbsfähiges Industrieland bleiben mit guten und anständig bezahlten Arbeitsplätzen.“ Schmidt nannte diese Ziele eine riesige Herausforderung. „Aber es ist auch eine große Chance – gerade für die Automobilindustrie. Die Bundesregierung setzt die verlässlichen Leitplanken: Durch den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie, mehr Übertragungsnetze für den Strom und Wasserstoff und auch klaren Regeln für mehr Ladesäulen für E-Autos. Deutschland hat ideale Voraussetzungen, diese Herausforderung zu meistern: Innovative Unternehmen, sehr gut ausgebildete Facharbeiterinnen und Facharbeiter, kreative Ingenieurinnen und Ingenieure. Und eine funktionierende Mitbestimmung mit klugen Betriebsrätinnen und Betriebsräten.“
Während der Zusammenkunft in der Konzern-Zentrale würdigten die Teilnehmenden außerdem ein Jubiläum: 25 Jahre E-/WKBR (siehe Infokasten).
Daniela Cavallo, die Präsidentin des E-/WKBR, bedankte sich für die Wertschätzung, die Schmidts Besuch ausdrücke. Sie sagte zu ihm nach seiner Rede: „Danke, dass Du heute zu uns gesprochen hast in einer schwierigen Phase für die Automobilindustrie. Du hast heute die Themen adressiert, die uns als Belegschaft in der Transformation umtreiben.“
Gunnar Kilian, Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG, Personal und Trucks, sagte: „Wir sind Bundesminister Wolfgang Schmidt für seine Einblicke in die Arbeit der Bundesregierung und in die politischen Handlungsfelder in Deutschland und Europa sehr dankbar. In Zeiten großer Herausforderungen, ist diese Offenheit elementar. Für uns als Bürgerinnen und Bürger, aber auch für uns als Unternehmen. Auf dieser Basis können wir an Lösungen arbeiten und weiter unseren Beitrag zu wirtschaftlicher Stabilität leisten.“
Den Auftakt des Treffens gemacht hatte am Mittwoch ein weiterer Teil der Qualifizierungsoffensive, die derzeit im E-/WKBR läuft. Der Donnerstag stand vormittags im Zeichen des Besuchs vom Kanzleramtsminister. Nachmittags berichteten die Vertreterinnen und Vertreter des internationalen Gremiums im internen Teil aus ihren Marken und Gesellschaften und bereiteten Fragen an die Vorstände für Freitag vor. Dann, zum letzten Tag des dreitägigen Treffens, wird der Konzernvorstand aus seinen Ressorts berichten und die Fragen der Belegschaftsvertretungen beantworten.
Vertreten sind diesmal 83 Mitglieder und 32 Gäste aus mehr als 20 Ländern. Für den reibungslosen Ablauf im Hafen 1 sorgt ein großes Team im Hintergrund – so übersetzten zum Beispiel Dolmetschende das Treffen simultan in 13 Sprachen. Großer Dank geht ebenso an: die Autostadt, das Generalsekretariat des E-/WKBR, ans mitwirkende Konzernbetriebsrats-Team, an K-SPI, K-SPG, an die am Mittwoch vertretene Volkswagen Group Academy, an die Technik sowie an alle Service- und Sicherheitskräfte.
Zur Geschichte des E-/WKBR
Den Europäischen Konzernbetriebsrat (EKBR) gibt es bereits seit 1990. Im Mai 1998 gründete Volkswagen dann anlässlich seiner Weltarbeitnehmerkonferenz bei Skoda in Mlada Boleslav / Tschechien den Volkswagen Weltkonzernbetriebsrat (WKBR). Ein Jahr später fand die konstituierende Sitzung dieses Gremiums statt: Arbeitnehmervertreter und Konzern-Vorstand unterzeichneten am 20. Mai 1999 in Barcelona die „Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Volkswagen-Konzernleitung und dem Volkswagen-Weltkonzernbetriebsrat“.
Mit diesem Schritt hatte Volkswagen analog zur Gründung des Europäischen Konzernbetriebsrats (EKBR) im Jahr 1990 erneut eine Vorreiterrolle in der Automobilindustrie übernommen. Zu verstehen war der WKBR als ein Ergebnis langjähriger Tradition und permanenter Weiterentwicklung der internationalen Betriebsrats- und Gewerkschaftsarbeit bei Volkswagen sowie natürlich der fast 10-jährigen Erfahrungen mit dem EKBR.
Neben einem gewerkschaftlichen Organisationsgrad von weltweit etwa 75 Prozent im gesamten Volkswagen-Konzern sind der Europäische- und der Weltkonzernbetriebsrat (zusammen in Kurzform: E-/WKBR) heute Garanten dafür, dass Vorstand und Management die Belegschaften an den internationalen Standorten nicht gegeneinander ausspielen können. Sie bilden Foren für einen gemeinsamen Austausch von Informationen und zur gegenseitigen Konsultation. Der E-/WKBR ist damit die Antwort der Arbeitnehmerseite im Volkswagen-Konzern auf die zunehmend globalisierten Möglichkeiten des Kapitals.