20.03.2025 | Zwei Betriebsräte gewinnen ihre Klagen gegen VW - zwei andere Fälle müssen zurück an Vorinstanz.
Wolfsburg/Hannover/Erfurt - In dem jahrelangen Streit um das Thema Betriebsratsvergütung hat es wichtige höchstrichterliche Grundsatzentscheidungen gegeben. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt gab am Donnerstag zwei klagenden VW-Betriebsräten Recht und bestätigte damit die vorherigen Urteile vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen. Schon dort hatten sich die beiden Arbeitnehmervertreter erfolgreich gegen Kürzungen bei ihren Vergütungen gewehrt. Volkswagen hatte die Bezahlung vorsorglich reduziert, weil das Unternehmen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) strafrechtliche Risiken fürchtete. Bei diesem Thema sorgte das BAG nun aber für Klarheit: Es machte am Donnerstag unmissverständlich klar, dass die BGH-Entscheidung keinen Einfluss auf den bisherigen arbeitsrechtlichen Umgang mit der Betriebsratsvergütung hat. Die Risiken, die VW fürchtete, seien also unbegründet. Genau das hatten die Arbeitsgerichte bisher auch immer so entschieden: Die 18 Klagen, die bisher am Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen entschieden wurden, gingen alle zugunsten der VW-Betriebsratsmitglieder aus.
Auch eine zweite wichtige Grundsatzentscheidung hat das BAG am Donnerstag getroffen: Demnach muss ein Unternehmen, wenn es eine Betriebsratsvergütung reduziert, klar und konkret die Gründe dafür nennen - also darlegen und beweisen, was denn falsch gewesen sein soll am bisherigen Vorgehen. Bei diesem Aspekt der sogenannten Darlegungs- und Beweislast herrschte auf Landesarbeitsgerichts-Ebene bisher keine einheitliche Linie. Für die hat das BAG nun gesorgt: Wenn Volkswagen bei der Betriebsratsvergütung etwas ändert, muss Volkswagen auch sagen, warum. Das BAG hat der Arbeitgeberseite also sozusagen eine Beweispflicht verordnet.
Zwei weitere Fälle klagender VW-Betriebsräte verwies das BAG am Donnerstag zurück an die Vorinstanz, das LAG Niedersachsen. Das geschah, weil das BAG Prozessfehler bei den LAG-Entscheidungen bemängelte. Daher müssen die Fälle nun am LAG erneut verhandelt werden.
Ein Sprecher des VW-Gesamtbetriebsrates begrüßte am Donnerstag die Entscheidung des BAG und sagte: "Wir freuen uns über die Rechtssicherheit für die zwei Kollegen, die ihre ursprüngliche Vergütung nun endgültig durch das Bundesarbeitsgericht zugesprochen bekommen haben. Auch die Entscheidungen zu den zwei anderen Fällen lassen in der mündlichen Begründung durch das Bundesarbeitsgericht hoffen, jetzt endlich einen allgemeinen Schlusspunkt hinter die jahrelange Unsicherheit beim Thema Betriebsratsvergütung zu setzen. Zeitweise waren Arbeits- und Strafrecht massiv kollidiert, die Widersprüche enorm. Dabei sei noch einmal erwähnt: 98 Prozent der Betriebsratsmitglieder in der Volkswagen AG sind im Tarif vergütet, in der Gesamtbelegschaft sind es 96 Prozent - das war auch schon vor den Vergütungsreduzierungen der Fall. Betriebsratsmitglieder bei Volkswagen sind auch in ihrer Bezahlung ein Spiegel der Beschäftigten insgesamt. Bei ihrer Vergütung muss es fair zugehen, ansonsten wird die Mitbestimmung zur beruflichen Sackgasse. Die Entscheidungen aus Erfurt werden nun hoffentlich helfen, endlich wieder Rechtssicherheit und Klarheit für alle Betroffenen herzustellen - auch für diejenigen, die den Klageweg noch nicht beschreiten mussten. Für Details hierzu ist es aber noch zu früh, dafür muss erst die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden."
Und die Arbeitgeberseite teilte mit:
„Die Volkswagen AG nimmt die höchstrichterliche Klärung in den entschiedenen Fällen des Bundesarbeitsgerichts zur Betriebsratsvergütung zur Kenntnis und wird die sich daraus ergebenen Konsequenzen beachten. Die Rückverweisungen an das Landesarbeitsgericht bedeuten, dass die vom Bundesarbeitsgericht als noch klärungsbedürftig eingeordneten Umstände dort weiter geprüft werden. Die Volkswagen AG begrüßt, dass durch diese Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts ein erster wichtiger Beitrag für die Klärung einer Vielzahl grundsätzlicher, bislang nicht durch das Bundesarbeitsgericht entschiedener Rechtsfragen in diesem komplexen Rechtsgebiet geleistet wird.“
Mehr zum Thema Betriebsratsvergütung und den Wegen, sie festzulegen, steht hier.