04.12.2024 | Unsere BR-Vorsitzende dringt auf Lösung vor Weihnachten - Bundesminister Hubertus Heil zu Gast
Wolfsburg - Zwei Tage nach dem Warnstreik-Auftakt mit rund 100.000 Volkswagen-Beschäftigten hat Daniela Cavallo die Unternehmensspitze nachdrücklich zur Kurskorrektur aufgefordert. Unterstützt vom tosenden Applaus tausender Kolleginnen und Kollegen sagte die Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzende am Mittwoch bei der Betriebsversammlung im Stammwerk: "Ich kann den Vorstand nur aufrufen, zur Besinnung zu kommen. Und das gilt ganz besonders auch für die Verhandlungen, die wir gerade führen, und für deren Abschluss die Zeit immer knapper wird so kurz vor dem Jahreswechsel. Ich kann an den Vorstand nur appellieren, von seinen Maximalforderungen und Extrempositionen herunterzukommen!"
In der vor Unmut brodelnden Halle 11 lief Cavallos Appell fast auf den Tag genau drei Monate nach dem 2. September, als der Vorstand begonnen hatte, sich mit einer Kampfansage gegen den VW-Haustarif, gegen deutsche Werke und gegen die 30 Jahre alte Beschäftigungssicherung zu wenden.
Die Vorsitzende der Arbeitnehmervertretung argumentierte in ihrer Rede, es sei schlicht eine Provokation, dass der Vorstand seit nunmehr einem Vierteljahr nicht nur auf härtesten Einschnitten wie Werksschließungen, Massenentlassungen und Tarifkürzungen bestehe, sondern diese Vorhaben erst vor wenigen Tagen auch noch über die Köpfe der eigenen Belegschaft hinweg per Zeitungsinterview als alternativlos darstellte und seine Position somit weiter zuspitzte.
Cavallo warnte in ihrer Rede bei der äußerst gut besuchten Betriebsversammlung in und um Halle 11 auch vor einem Imageschaden: "Der Vorstand bricht mit unserer VW-Kultur. Er bietet mit seinem Vorgehen geradezu eine Steilvorlage für das, was unser Negativbild in der Öffentlichkeit seit Wochen prägt. Der Vorstand beschädigt mit seinem Auftreten unsere Marke. Das schadet uns massiv."
Die Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzende kritisierte zudem einmal mehr, dass die Unternehmensspitze weder eine Richtung bei Zielbildern und Perspektiven erkennen lasse noch eine Strategie, hinter der sich die Belegschaft versammeln könnte.
Trotz dieser Tabubrüche am laufenden Band und wochenlanger Provokationen habe sich die Mitbestimmung kompromissfähig gezeigt und sei ihrerseits mit dem eigenen Zukunftsplan einen Schritt auf die Arbeitgeberseite zugegangen. Daniela Cavallo: "Ich kann nur sagen: Unsere Vorschläge in Richtung Kompromiss liegen auf dem Tisch." Die Arbeitgeberseite stattdessen "hat noch nichts in diese Richtung beigesteuert. Daher frage ich: Wo übernimmt der Vorstand Verantwortung für eine Lösungsfindung?"
Die Betriebsratsvorsitzende bekräftigte den Einigungswillen der Arbeitnehmerseite - unterstrich aber auch, dass ein Kompromiss um jeden Preis nicht infrage komme. Denn weiterhin gelte, dass eine Lösung mit Werksschließungen, Massenentlassungen und Einschnitten ins monatliche Entgelt undenkbar sei. Stattdessen müsse sich die Arbeitgeberseite nun bewegen und sich vergegenwärtigen: "Ohne die Belegschaft wird dieser Vorstand hier gar nichts umsetzen können."
Zum Ende ihrer Rede forderte Daniela Cavallo den Vorstand auf: "Nehmen Sie Ihr Management mit und vertrauen Sie endlich Ihren Führungskräften! Hören Sie auf, Standorte abwickeln zu wollen und die Belegschaften schlechtzureden. Sondern schaffen Sie die Bedingungen dafür, den Glauben ans Unternehmen wiederzugewinnen. Und glauben Sie vor allem wieder selber an die Beschäftigten!"
Nach Ihrer Rede erhoben sich alle Kolleginnen und Kollegen in Halle 11 von den Stühlen - und spendeten der Betriebsratsvorsitzenden mehr als eine Minute lang abschließenden Applaus.
Noch vor Cavallo mit dem Rechenschaftsbericht des Betriebsrates hatte der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, gesprochen. Er war Ehrengast der Betriebsversammlung und sprach in seiner Rede mit Blick auf die Situation bei VW drei zentrale Forderungen an:
Und er fasste dann zusammen: „Die drei Punkte, die Sicherung von Standorten, die Sicherung von Beschäftigung und die Sicherung der Zukunft des Unternehmens, das muss am Ende rauskommen!“
Es gibt auch bereits entsprechende Medienberichte zu Heils Auftritt und seinen Kernbotschaften:
Heil fordert Einlenken der VW-Führung - 04.12.24 - News - ARIVA.DE
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Auch Konzern-CEO Oliver Blume sprach in Halle 11. Er hielt den Unternehmensbericht. Wie man Medienberichten entnehmen kann, wies er den Lösungsansatz der Arbeitnehmerseite als unzureichend zurück. Hier ein Link dazu:
VW: „Vorschlag reicht nicht aus“ – Blume verteidigt harten Sparkurs
Zum Ende von Blumes Rede gab es eine ungewöhnliche Aktion: Tausende Beschäftigte hatten ihre Handy-Wecker auf 10.55 Uhr gestellt. Zu dem Zeitpunkt mischte sich daher ein wildes Klingeln unterschiedlichster Wecker-Melodien in die Rede des Konzern-CEO. Sinnbild der Aktion: "Ein Weckruf für den Olli".