Arbeitsgericht hält Wahl für anfechtbar, nun geht es halt eine Instanz weiter

Gerichte überprüfen Wolfsburger Betriebsratswahl – vorerst hat das aber keinerlei Auswirkungen

14.07.2022 | Die Abläufe rund um die jüngste Betriebsratswahl am Standort Wolfsburg dürften Gegenstand einer längeren juristischen Auseinandersetzung werden. Das für Wolfsburg zuständige Arbeitsgericht Braunschweig hat am Mittwoch entschieden, die Wahl zur Belegschaftsvertretung im VW-Stammwerk für anfechtbar zu erklären.

Eine Kollegin beim Gang ins Wahllokal an der Südstraße (Symbolbild)

Das heißt aber zunächst einmal nur, dass der Rechtsstreit eine Instanz höher vor das Landesarbeitsgericht geht. Der aktuelle Betriebsrat bleibt weiterhin wie gewohnt im Amt, es muss keine Neuwahl her – und alle bisherigen und künftigen Entscheidungen, Beschlüsse und Vereinbarungen der Belegschaftsvertretung sind wirksam. Der Betriebsrat hat das Themen mit einem Fragen-und-Antworten-Stück für die Belegschaft eingeordnet. Der Wortlaut ist auch hier dokumentiert:

Was ist passiert?
Neun Beschäftigte haben die Betriebsratswahl 2022 am Standort Wolfsburg gerichtlich überprüfen lassen. Eine solche Kontrolle ist nur gutes demokratisches Recht. Mit ihrer Anfechtung zogen die Beteiligten vor das für Wolfsburg zuständige Arbeitsgericht Braunschweig. Ihre Vorwürfe richten sich gegen den Betriebsrat und gegen das Unternehmen, die Volkswagen AG. Die Anfechtenden monieren eine Reihe angeblicher Unregelmäßigkeiten bei der Wahl.

Was hat das Gericht entschieden?
Das Arbeitsgericht Braunschweig hat die Wahl in der Tat für unwirksam erklärt, also dem Antrag der neun Beschäftigten entsprochen. Das Gericht teilte nach der Entscheidung am Mittwoch mit: „Die Anfechtung der Wahl war erfolgreich.“ Eine Begründung, was genau den Ausschlag dazu gab, erfolgte allerdings weder im Gerichtssaal noch später per Pressemitteilung. Die Vorsitzende Richterin verwies nach der Entscheidung im Gericht auf die noch folgende schriftliche Urteilsbegründung. In der Pressemitteilung des Gerichtes wurden einige Gründe aufgeführt, die die Anfechtenden ins Feld geführt hatten. Zum Beispiel den Umgang mit den Briefwahlrückläufern in der Post. Ob einer dieser Punkte ausschlaggebend für die Entscheidung des Gerichtes ist, wird erst aus der schriftlichen Urteilsbegründung hervorgehen.

Welche Auswirkungen hat das jetzt?
Auf die Arbeit des Betriebsrates gar keine. Das Arbeitsgericht hat die Wahl nämlich nicht für nichtig erklärt, sondern lediglich für unwirksam beziehungsweise für anfechtbar. Das heißt im Klartext: Der aktuelle Betriebsrat bleibt weiterhin wie gewohnt im Amt, es muss keine Neuwahl geben – und alle bisherigen und künftigen Entscheidungen, Beschlüsse, Vereinbarungen etc. der Belegschaftsvertretung sind wirksam. Eure Betriebsratsmitglieder sind also weiterhin Eure Anlaufstellen für Fragen, Hinweise, Rat und Tat.

Und wie geht es nun weiter?
In der nächst höheren Instanz. Das ist dann das Landesarbeitsgericht. Der Betriebsrat teilte dazu am Mittwoch mit: „Der Betriebsrat wird in die nächste Instanz gehen, um die aktuelle Entscheidung durch das Landesarbeitsgericht überprüfen zu lassen. Die gegenüber dem Arbeitsgericht Braunschweig vorgetragenen Gründe für eine angebliche Anfechtbarkeit der Wahl überzeugen unserer Einschätzung nach weiterhin nicht. Unabhängig von dem nun laufenden Rechtsstreit ist der neue Betriebsrat im Amt. Alle seine Handlungen und Beschlüsse sind wirksam.“

Was ist ein realistisches Szenario für den Fortgang?
Das wäre Spekulation. Aber Fakt ist: Nach dem Landesarbeitsgericht geht es noch eine Instanz höher, nämlich vor das Bundesarbeitsgericht. Welchen Weg der vorliegende Fall nehmen dürfte und welche Wendungen er dabei noch erfahren könnte, das alles bleibt es in Ruhe abzuwarten.

Und was sagt das Unternehmen?
Die Volkswagen AG ist neben dem Betriebsrat Verfahrensbeteiligte. Und von Unternehmensseite hieß es am Tag der Entscheidung: „Das Arbeitsgericht Braunschweig hat heute die Betriebsratswahl 2022 am Standort Wolfsburg für unwirksam erklärt. Wichtig ist, dass die Wahl nicht „nichtig“ ist. Der Betriebsrat bleibt daher bis zu einer rechtskräftigten Entscheidung in der Berufungs- oder Revisionsinstanz vor dem Landes- oder Bundesarbeitsgericht vollumfänglich handlungsfähig im Amt. Wir werden die Beschlussgründe nach Zugang auswerten und dann eine Klärung vor dem Landes- oder Bundesarbeitsgericht anstreben.“ Man halte die vom Gericht in der Verhandlung erörterten Gründe, weshalb die Abstimmung anfechtbar sein soll, für nicht überzeugend.