Stammwerk zählt knapp 13.000 Beschäftigte in der Fahrzeugproduktion

03.11.2021 | Von wegen im Werk Wolfsburg bauen 25.000 Leute Autos. Hier steht die Wahrheit.

Immer wieder kursiert die Zahl 25.000 als angebliche Größe für den Fahrzeugbau im VW-Stammwerk Wolfsburg. Der Betriebsrat hat dazu nun folgende Information herausgegeben:

Korrekte Zahlen, bitte! VW-Stammwerk Wolfsburg zählt knapp 13.000 Beschäftigte in der Fahrzeugproduktion

  • Immer wieder macht die Zahl 25.000 die Runde – sie ist aber schlicht und ergreifend falsch
  • Dem Automobilbau (Golf, Tiguan, Touran und Tarraco) sind rund 12.700 Menschen zuzurechnen
  • Das Stammwerk fertigt nennenswert auch Umfänge für andere Marken im Konzern
  • Die Zahl der knapp 13.000 umfasst auch Projekte für Leistungsgewandelte wie etwa Work2Work

Wolfsburg – Dem Fahrzeugbau im VW-Stammwerk Wolfsburg sind rund 12.700 Beschäftigte zuzurechnen. Diese knapp 13.000 Menschen sorgen am Standort der Konzernzentrale für das Kerngeschäft Automobilbau rund um die vier Modelle Golf, Tiguan, Touran und Tarraco. Auf diese aktuelle Größenordnung hat der VW-Betriebsrat am Mittwoch in einer Presseinformation hingewiesen. Die Arbeitnehmervertretung beruft sich darin auf offizielle Angaben zur Belegschaftsstruktur aus dem Unternehmen.

Auslöser der Mitteilung sind wiederkehrende Falschangaben zur angeblichen Größe seiner Belegschaft, mit der das Stammwerk in Wolfsburg Fahrzeuge produziert. Hierbei kursieren weitaus höhere Zahlen, die bis zu einer Größenordnung von 25.000 Beschäftigten reichen. Oft wird diese viel zu hohe Zahl dann auch in einen Vergleich zum Wettbewerb gestellt, der angeblich mit viel weniger Menschen viel mehr Autos baue – oder künftig bauen wolle.

Hier nun die Fakten:

Die Kategorie Fahrzeugbau im Werk Wolfsburg zählt gut 15.000 Kolleginnen und Kollegen. Davon ist allerdings eine niedrige vierstellige Zahl abzuziehen, die zwar im sogenannten direkten Bereich der industriellen Fertigung arbeitet, nicht aber direkt für die Produktion der vier Modelle am Standort. Ein paar Beispiele: Das Stammwerk beheimatet auch die sogenannte Fahrzeugvorbereitung Autostadt. Sie wird in den VW-Statistiken zur Kategorie Fahrzeugbau gezählt, ist aber ein Bereich, der mit der Produktion unmittelbar nichts mehr zu tun hat. Diese Besonderheit hängt mit dem Umstand zusammen, dass die direkt neben dem Werk gelegene Autostadt in guten Jahren für rund 150.000 Fahrzeugauslieferungen in Kundenhand sorgt. Auch das Presswerk im Stammwerk zählt zum Fahrzeugbau. Jedoch arbeitet dort ein großer Teil der Kolleginnen und Kollegen für Umfänge anderer Fabriken und Marken weltweit, zum Beispiel Audi, Auto Europa und Zwickau. Mit Detailbetrachtungen wie dieser fällt die Zahl des Fahrzeugbaus, die tatsächlich den Wolfsburger Produkten Golf, Tiguan, Touran und Tarraco zuzuordnen ist, auf unter 13.000 Beschäftigte.

Laut dem jüngsten Zehnjahresschnitt sind in Wolfsburg etwa 780.000 Fahrzeuge pro Jahr von den Montagelinien gelaufen. Das bedeutet (im aktuellen Verhältnis der 12.700) eine Quote von mehr als 60 Fahrzeugen pro Beschäftigtem. Zum Vergleich: Sollte ein Wettbewerber wie beispielsweise Tesla in Zukunft mit 10.000 Beschäftigten 500.000 Fahrzeuge pro Jahr produzieren, läge die Quote merklich schlechter bei 50 Autos pro Kopf. Laut offiziellen Dokumenten nennt Tesla für seine Pläne in Grünheide 12.000 Stellen inklusive Batteriezellproduktion. Eine nähere Unterscheidung zur Art der Stellen ist offiziell nicht bekannt.

Zu einem fairen Vergleich zweier Fabriken gehören viele Details. Mitunter variieren die sogenannten Wertschöpfungstiefen erheblich, also der Anteil an Eigenleistungen an einem Fahrzeug. So verfügt die Golf-Fertigung in Wolfsburg beispielsweise über eine hauseigene Logistik. Die Fertigung 2 dagegen (Tiguan, Touran, Tarraco) nutzt einen externen Dienstleister. Außerdem zeichnet es die Sozialpartnerschaft bei Volkswagen seit langem aus, dass trotz des enormen Kostendrucks in der industriellen Fertigung immer wieder Projekte gelingen, mit denen das Unternehmen seiner sozialen Verpflichtung als Arbeitgeber in vorbildlicher Weise nachkommt. So gehört zum Standort Wolfsburg zum Beispiel seit 20 Jahren die Initiative „Work2Work“. Darin behalten sogenannte leistungsgewandelte Beschäftigte – etwa nach längerer Krankheit oder mit einer Schwerbehinderung – eine Perspektive bei Volkswagen und werden weiterhin wertschöpfend eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist die Cockpit-Vormontage für den Tiguan in Halle 35 auf dem Werksgelände. Sie läuft nicht im strengen Takt eines Fließbandes, so dass Leistungsgewandelte dort weiter arbeiten können. Die Alternative wäre in vielen Fällen, dass diese Beschäftigten auf Kosten der Allgemeinheit in Frührente gehen müssten. Von Tesla sind Projekte wie Work2Work nicht bekannt.

Eine weitere Frage, die Vergleiche zwischen Standorten und Wettbewerbern erschwert, ist die nach Arbeiten, die produktionsnah ablaufen. Etwa die der sogenannten Instandhaltung. In der nach wie vor weltgrößten zusammenhängenden Autofabrik in Wolfsburg läuft die Instandhaltung mit etlichen Hundert Beschäftigten weitgehend als hausinterne Leistung ab.

Mit Blick auf diese Fakten betont die Betriebsratsvorsitzende des VW-Werks Wolfsburg, Daniela Cavallo: „Unser Stammwerk braucht keinen Vergleich zu scheuen, weder den der Belegschaftsgröße, mit der wir hier großartige Autos bauen, noch den der Fabrikkosten. Unsere Belegschaft hat es echt satt, Äpfel-und-Birnen-Vergleiche zu hören, laut denen wir im Fahrzeugbau im Werk Wolfsburg angeblich zu viele Menschen an Bord haben. Das Einzige, von dem wir hier aktuell zu viel haben, sind Halbleitermangel, Kurzarbeit und Schließtage.“

Zur weiteren Einordnung: Zum Standort Wolfsburg in der Volkswagen AG zählen insgesamt ungefähr 60.000 Beschäftigte – das kann je nach Zählweise variieren, etwa ob mit Auszubildenden und passiver Altersteilzeit oder ohne. Neben dem Kernbereich Automobilbau, der eigentlichen Fabrik also, sind in Wolfsburg zum Beispiel auch viele zentrale Einheiten zusammengefasst, etwa die Technische Entwicklung mit weit über 10.000 Menschen, der Vertrieb, die Qualitätssicherung, die Finanz und viele weitere Bereiche bis hin zu einem Heizkraftwerk, das auch andere VW-Werke und die Stadt Wolfsburg versorgt. Auch etliche sogenannte Konzernstellen sind in Wolfsburg beheimatet, die markenübergreifende Aufgaben leisten.