Interview über 25 Jahre WKBR

Weltkonzernbetriebsrat trifft sich in Braunschweig - Fragen an den Vorstand

03.07.2023 | Dolmetschende übersetzen Versammlung simultan in 14 Sprachen

Riesiges Backoffice: Technik und Dolmetschen nahmen viel Platz ein.

Daniela Cavallo und Dariusz Dabrowski

Die Spitzen der Arbeitnehmervertretungen aus dem gesamten Volkswagen-Konzern haben sich mehrere Tage lang in Braunschweig versammelt. Ziel des Treffens des Europäischen- und Weltkonzernbetriebsrates (E/WKBR) war der gemeinsame Austausch zu den Perspektiven und Herausforderungen in den internationalen Marken und Gesellschaften.

Am Mittwoch hatte die Veranstaltung mit einer Qualifizierungsoffensive begonnen. Ziel dieses Programms ist es, Wissen zu strategischen Unternehmensthemen und deren Auswirkungen auf die Standorte aufzubauen sowie die Rolle der Arbeitnehmervertretung im Dialog zu stärken. Der Donnerstag lief dann als interne Vorbereitung mit Fokus auf den Berichten der verschiedenen Ausschüsse und beteiligten Gewerkschaften und Verbände. Aus diesem Austausch entstand ein umfangreicher Fragenkatalog, mit dem die Arbeitnehmervertretungen in der gemeinsamen Sitzung am Freitag die internationalen Personalleiter und Konzernvorstände konfrontieren.

Vorgeschaltet war am Donnerstagnachmittag gemeinsam mit den internationalen Personalleitungen ein Bericht zum derzeitigen Stand der Sozialcharta. Hierzu informierte Markus Bieber, Geschäftsführer des Gesamtbetriebsrates. Außerdem berichtete Daniel Göhler, Leiter Nachhaltigkeitsmanagement, zum Thema Nachhaltigkeit in den Lieferketten. Auch einen Bericht zur politischen Situation gab es, gehalten von Dr. Thomas Steg, Leiter der Außen- und Regierungsbeziehungen. Aus der Taskforce Energy berichtete Michael Heinemann, Leiter der VW Kraftwerk GmbH.

Am nächsten Tag führten Daniela Cavallo (als Präsidentin E/WKBR) und Dariusz Dabrowski (als Generalsekretär E/WKBR) Hand in Hand mit Konzern-Personalvorstand Gunnar Kilian und Karsten Brack (Leiter Konzern Personal International) durch die gemeinsame Sitzung. Anhand der Berichte der unterschiedlichen Vorstandsbereiche konnten sich alle Anwesenden einen Überblick zur aktuellen Konzernsituation verschaffen. Im Nachgang stellten sich die Konzernvorstände den zuvor erarbeiteten Fragen aus den internationalen Arbeitnehmervertretungen. Insbesondere mit Blick auf die für Herbst anstehende Planungsrunde zu den künftigen Investitionen war das ein wichtiger Austausch.

Aufgrund der Wichtigkeit unserer Berufsausbildung fand die diesjährige „Best Apprentice Award  Ehrung“ im Rahmen dieser gemeinsamen Sitzung am Freitag statt. Die besten Ausgebildeten weltweit wurden nach Wolfsburg eingeladen, um ihre jeweilige Leistung gebührend zu ehren.
Daniela Cavallo, Gunnar Kilian und Oliver Blume fanden einleitende Worte und Christoph Görtz als Leiter der Berufsausbildung in Wolfsburg übergab den zu Ehrenden ihre Geschenke.

Für den reibungslosen Ablauf in der Volkswagen Halle in Braunschweig sorgte ein großes Team im Hintergrund - so übersetzten zum Beispiel Dolmetschende das Treffen simultan in 14 Sprachen. Großer Dank gilt ebenso dem Generalsekretariat des E/WKBR, dem mitwirkenden KBR-Team, K-SPI, Volkswagen Group Academy, der Technik sowie allen Service- und Sicherheitskräften.

Übrigens: Den Weltkonzernbetriebsrat WKBR gibt es inzwischen seit 25 Jahren. Aus diesem Anlass haben Daniela und Dariusz folgendes Interview über die internationale Arbeit gegeben:

 

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Im Mai 1998 gründete Volkswagen anlässlich seiner Weltarbeitnehmerkonferenz bei Skoda in Mlada Boleslav (Tschechien) den Volkswagen Weltkonzernbetriebsrat (WKBR). Damit reagierte die Arbeitnehmerseite auf die zunehmend globalisierten Aspekte der Mitbestimmung.

Grund genug, 25 Jahre später gemeinsam mit Daniela Cavallo, Präsidentin des Europäischen- und Weltkonzernbetriebsrat (E/WKBR), und dem zuständigen Generalsekretär Dariusz Dabrowski, detailliert über das Gremium und dessen Aufgaben zu sprechen.

 

Dariusz, du bist jetzt seit 2020 Generalsekretär des Europäischen- und Weltkonzernbetriebsrats. Erkläre das Gremium bitte mal. Wie setzt sich der WKBR zusammen?

Dariusz Dabrowski: Der Weltkonzernbetriebsrat wurde Mitte Mai 1998 gegründet. Operativ gestartet sind wir ein Jahr später mit der konstituierenden Sitzung, in der wir mit der Volkswagen Konzernleitung die Zusammenarbeit vereinbart haben. Gemeinsam mit dem Europäischen Konzernbetriebsrat, der bereits 1990 gegründet wurde, firmiert das Gremium unter dem Namen Europäischer- und Weltkonzernbetriebsrat. Dieses Gremium verfügt über 88 Mitglieder (zzgl. ständigen Gästen, etwa aus China) aus über 20 Ländern. Die dort organisierten Arbeitnehmervertreter vertreten die Interessen der im Konzern befindlichen Produktions- und Gesellschaftsstandorte.

 

Welche Themen und Ziele verfolgt ihr?

Daniela Cavallo: Grundsätzlich ist der Europäische- und Weltkonzernbetriebsrat als Forum für einen gemeinsamen Austausch von Informationen zu verstehen. Wir diskutieren hier globale wirtschaftliche Aspekte, wie die weltweite Werkbelegung, und beraten über die Verbesserung von Arbeitsbedingungen in all unseren Konzernstandorten und Werken. Diese grundlegenden sozialen Prinzipien und Rechte haben wir übrigens 2002 gemeinsam mit dem Konzernvorstand und dem Internationalen Metallgewerkschaftsbund IndustriAll in unserer sogenannten Sozialcharta festgeschrieben. Sie in allen Werken zu implementieren und fortwährend anzuwenden liegt in unserer Verantwortung als WKBR.

Dariusz Dabrowski: Es geht also auch darum, auf Seiten der Mitbestimmung wirtschaftliche, soziale und ökologische Herausforderungen gemeinsam an unseren weltweiten Standorten anzupacken. Diese globale Vernetzung stärkt die Handlungsmöglichkeiten unserer Arbeitnehmervertreter an den Standorten. Zum Beispiel sind wir als Arbeitnehmervertreter in die Planungsrunden involviert und gestalten so die Auslastungen unserer Werke im Sinne der Belegschaften mit.

 

Welche Themen seht ihr für die Zukunft im WKBR?

Daniela Cavallo: Die Konsequenzen aus der Corona-Pandemie und dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine stellen uns weiterhin vor bisher nie dagewesene Herausforderungen. Fehlende Teileverfügbarkeit, Personalknappheit, Inflation und Preissteigerungen – all das hat Auswirkungen auf unsere Werke und unsere Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Gleichzeitig befinden wir uns mit der Umstellung auf Elektromobilität und der Digitalisierung unserer Fahrzeuge in einer der spannendsten Zeit der Automobilbranche. Auch das fordert den Kolleginnen und Kollegen vor Ort viel ab. Dennoch verstehen wir als Arbeitnehmervertreter die Transformation als große Chance. Denn gemeinsam gestalten wir die Mobilität von morgen. Und unsere weltweiten Belegschaften sind ein wesentlicher Faktor für diesen Erfolg. Wir müssen uns also mit der Frage beschäftigen, wie wir Arbeitsplätze über die Beschäftigungsgarantie in 2029 hinaus absichern und gleichzeitig die dringend benötigten Fachkräfte für die Transformation für uns gewinnen können.

Dariusz Dabrowski: Heute und in Zukunft steht der WKBR für Solidarität, globalen Informationsaustausch und die Etablierung von Standards. Wir sind überzeugt: Wenn es den WKBR nicht gäbe, müssten wir ihn erfinden.

 

(Fotos: Matthias Leitzke)