Auszeichnung der Kirche

Christoph Heubner bekommt Lothar-Kreyssig-Friedenspreis

21.08.2023 | Stimme der Auschwitz-Opfer erhält die Ehrung auch für Einsatz rund um die IJBS.

Christoph Heubner in Auschwitz im Gespräch mit Oliver Blume und Daniela Cavallo.

Christoph Heubner und Gunnar Kilian in Auschwitz-Birkenau.

Christoph Heubner mit dem Auschwitz-Überlebenden Stanislaw Zalewski am 27. Januar 2023 in Auschwitz-Birkenau vor den Ruinen von Krematorium Nummer 4.

Christoph Heubner (rechts im Bild) mit einer Delegation in Auschwitz-Birkenau am See der Asche.

Für sein bisheriges Lebenswerk im Einsatz gegen Antisemitismus und populistischen Hass, gegen Geschichtsfälschung und gegen das Relativieren der Holocaust-Taten erhält Christoph Heubner den Lothar-Kreyssig-Friedenspreis. Mit der zum 13. Mal vergebenen Auszeichnung ehrt die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland den Exekutiv-Vizepräsidenten des Internationalen Auschwitz Komitees (IAK) ausdrücklich auch für dessen Einsatz rund um die von Volkswagen unterstützte Internationale Jugendbegegnungsstätte (IJBS). Diese 1986 eröffnete Herberge ist seit vielen Jahren der Dreh- und Angelpunkt für den Einsatz der Volkswagen AG rund um die Konzernwerte Erinnerung und Verantwortung. Die IJBS befindet sich in der nach dem Zweiten Weltkrieg wieder polnischen Stadt Oświęcim (deutsch: Auschwitz).

Christoph Heubner ist der unermüdliche Motor hinter dem Engagement in der IJBS. Dorthin fahren seit mehr als 35 Jahren zunächst Tausende deutsche und polnische VW-Auszubildende und seit 2008/2009 auch Hunderte Manager:innen und Meister:innen. Sie besuchen dort auf dem Gelände des ehemaligen nazi-deutschen Konzentrationslagers die KZ-Gedenkstätte und helfen bei den meist mehrere Tage dauernden Terminen auch vor Ort bei der Konservierung und Restaurierung. Bei diesen Treffen führt Christoph Heubner als Vertrauter der Auschwitz-Überlebenden an die menschlichen Schicksale und historischen Fakten des Holocaust heran. Immer wieder sorgt er mit seinem Netzwerk auch dafür, dass aus der schwindenden Gruppe der Auschwitz-Überlebenden Zeitzeugen mit den Volkswagen-Beschäftigten ins Gespräch kommen - oft auch in der IJBS (mehr über sie hier: Link). Die Teilnehmenden berichten regelmäßig davon, dass ihre Zeit in Oświęcim mit Christoph Heubner zu den prägendsten Eindrücken ihres Lebens zählen.

Zur Verleihung des Lothar-Kreyssig-Friedenspreises an Herrn Heubner sagt die Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo: "Christoph Heubner leistet seit Jahrzehnten eine der beeindruckendsten und wichtigsten Aufgaben im Volkswagen-Konzern: Er macht die eigentlich unbegreifliche Dimension des Holocaust greifbar für unseren Nachwuchs und unsere Führungskräfte. Das stärkt unseren Konzern-Grundsatz Nummer eins: Verantwortung zu übernehmen für die Gesellschaft. So bereichert Christoph Heubner mit seinem Einsatz und seinem Wissen als unschätzbarer Multiplikator einen zentralen Teil unserer Volkswagen-DNA. Deswegen freuen wir uns sehr über die mit dem Preis verbundene Wertschätzung und gratulieren herzlich."

Konzern-Personalvorstand Gunnar Kilian sagt: "Christoph Heubner hat sein Leben den Erinnerungen von Auschwitz-Überlebenden gewidmet. Er setzt sich seit Jahrzehnten dafür ein, dass die individuellen Geschichten der Opfer des Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten, sondern uns vielmehr als Mahnung für die Zukunft erhalten bleiben. Dieses bemerkenswerte Engagement und die wichtige Erinnerungsarbeit der Internationalen Jugendbegegnungsstätte sind ein Lebenswerk, das gesellschaftlich wirkt. Bis heute haben Tausende von Auszubildenden aus Deutschland und Polen gemeinsam mit Christoph Heubner Gedenkstättenarbeit in dem ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz geleistet und die Erinnerung wachgehalten."

 

Die Evangelische Kirche Mitteldeutschlands zitiert aus der Entscheidung der Stiftungs-Jury hinter dem Friedenspreis. Darin heißt es über Heubner und über die Gründe für dessen Ehrung: „Für die hohe Sensibilität, mit der er sich dem Dialog mit den Überlebenden der Lager und Ghettos gestellt hat; wie er Kontakte zu den Überlebenden und deren Nachkommen intensiv wahrnimmt und begleitet. Durch sein persönliches Engagement ist großes Vertrauen gewachsen, was ein hohes Maß an Verstehen, Einfühlsamkeit und Kontinuität erfordert. Nicht zuletzt haben seine persönlichen Beziehungen in Polen und Deutschland mit dazu beigetragen, dass der Bau der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim möglich wurde. Er hat in vielen Reden und Veröffentlichungen und in der aktuellen Tagespolitik den KZ- und Ghetto Opfern eine Stimme gegeben. Da spricht jemand in der Öffentlichkeit, der die Unmenschlichkeit der Vernichtungslager innerlich aufgenommen hat und diese in eine Botschaft der Erinnerung und Mahnung in unsere heutige Gesellschaft weitergibt.“ (mehr in dieser Pressemitteilung)

Namensgeber des Preises ist Dr. Lothar Kreyssig (1898 - 1986). Er zeigte unter den Nazis in beeindruckender Weise Courage, half Verfolgten und von der "Euthanasie" Bedrohten und nahm dabei persönliche und berufliche Nachteile in Kauf. Mehr zu dem in Flöha bei Chemnitz geborenen Namensgeber steht hier (Link).

 

Das nazi-deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau auf heute wieder polnischem Boden nahe der Großstadt Krakau gilt weltweit als Synonym für den Holocaust. Bis zur Befreiung am 27. Januar 1945 starben in Auschwitz durch die dortige Tötungsindustrie und die Umstände im Lager mehr als eine Million Menschen, darunter Hunderttausende Kinder. Polen, wo Deutschland den Zweiten Weltkrieg begann, litt besonders unter den Nationalsozialisten. Verständlicherweise belastet die Kriegs- und Holocaust-Historie auch heute noch das Verhältnis beider Länder. Christoph Heubners Leistung ist es auch, mit seiner Arbeit entscheidende deutsch-polnische und polnisch-deutsche Brücken zu bauen. Volkswagen hat mehrere Standorte in Polen. In Auschwitz arbeiten deutsche und polnische Auszubildende Hand in Hand zusammen - mehr hier (Link).

Die öffentliche und festliche Preisverleihung ist für den 4. November 2023 (ab 11.00 Uhr) in der Magdeburger Johanniskirche geplant. Die Laudatio auf Christoph Heubner wird Andrzej Kacorzyk halten, Vizedirektor des staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau und Leiter der Bildungsabteilung in der Gedenkstätte.

 

Dieses Jahr im Januar war eine Volkswagen-Delegation zum Tag der Befreiung in der Gedenkstätte, darunter auch Konzernchef Oliver Blume, Gunnar Kilian und Daniela Cavallo. Ein Bericht von dem Besuch steht hier. Der Konzern hatte damals folgende Pressemitteilung herausgegeben (Link).

Laut den jüngsten Zahlen (Stand: August 2023) waren bisher in 180 Projekten 1317 polnische Auszubildende und 3069 deutsche Auszubildende in Auschwitz. Hinzu kommen in bisher 49 Projekten für die Führungskräfte 453 Managerinnen und Manager sowie 249 Meisterinnen und Meister. Seit 2013 war außerdem die Volkswagen Management Association VMA mit bisher 123 Mitgliedern aus dem Oberen Management und aus dem Top-Management in Auschwitz. Und in den vergangenen sieben Jahren kamen noch 39 Sondergruppen in unterschiedlicher Besetzung hinzu.